Haushaltsrde Saleh Mati (FDP-Piraten Fraktion)
Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
Im Namen der FDP-Piraten Fraktion bedanke ich mich bei der Verwaltung für ihre Unterstützung bei den Haushaltsberatungen.
Im Ältestenausschuss kam der Vorschlag, die Redezeit der einzelnen Fraktionen sollte sich nach den erreichten Prozentpunkten bzw. den erreichten Ratssitzen bei der Kommunalwahl richten. Unter der Annahme, dass die CDU bei 18 Ratsmitgliedern 18 Minuten redet, dann stände den Grünen 5 Min und den restlichen kleineren Fraktionen 2 min zur Verfügung. Unsere Demokratie funktioniert so nicht! Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass Minderheiten häufig die gleichen Rechte haben wie Mehrheiten. In diesem Sinne versuche ich mich kurz zu fassen, aber die zwei Minuten werde ich überschreiten.
Die Flüchtlingssituation dominiert das aktuelle politische Geschehen auf Bundes- und Landesebene und ist auch in Hürth ein wichtiges Thema. Politisch gab es in Hürth hierzu überwiegend einstimmige Beschlüsse und die Diskussion verlief dem Thema entsprechend respektvoll und sachlich. Darauf können wir stolz sein.
Im folgendem werde ich auf die Finanzen der Stadt Hürth eingehen. Es wird oft der Satz gesagt, „Wir haben ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem. Wir müssen daher unsere Ausgaben in den Griff bekommen.“ Daher ist zu überlegen, sind überhaupt schon einmal die Ausgaben durch die Politik reduziert worden. Seit meiner aktiven politischen Zeit sind bisher seitens der Politik nur in den Jahren 2009 bis 2014 größere Maßnahmen ergriffen worden, die Ausgaben zu reduzieren.
Als Beispiele sind zu nennen, ein Lehrschwimmbecken zu schließen, den öffentlichen Grünflächenanteil der Stadt an den Friedhofsgebühren zu reduzieren, kleinere Spielplätze aufzugeben und Sportstättengebühren einzuführen. Weiter sind die Tarife im Schwimmbad de Bütt und im OGS-Bereich angepasst worden. Wenn diese Maßnahmen eine Einsparung von knapp 200000 Euro jährlich im Verwaltungshaushalt ergeben, dann mag sich dieses bei einem Defizit von 16 Millionen Euro wie ein Tropfen auf dem heißen Stein anfühlen.
Wenn Sie aber berücksichtigen, dass wir zeitweise nur einen Puffer von 100000 bis 200000 Euro haben, um nicht die 5 % Klausel für ein Haushaltssicherungskonzept zu reißen, dann erhalten selbst diese Sparmaßnahmen eine größere Bedeutung. SPD, Grüne und FDP haben damals mit diesen Maßnahmen zwar nicht den Haushalt konsolidiert, aber die Handlungsfähigkeit unserer Stadt bewahrt.
Diese Maßnahmen waren alle nicht sehr populär und sind bei den betroffenen Bürgern auf zum Teil großen Widerstand gestoßen. Die Ergebnisse der Kommunalwahl 2014 und die deutlichen Verluste von SPD und FDP zeigen, dass uns als damaliges Mehrheitsbündnis Fehler unterlaufen sind. Vielleicht waren die Maßnahmen von den Bürgern nicht gewollt, die Sportstättengebühr ist mittlerweile mit großer Mehrheit wieder abgeschafft worden, oder wir konnten die Bürger nicht von der Notwendigkeit der Maßnahmen überzeugen.
Wenn ich die Aussage höre, „Wir haben ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem“ dann bleibe ich bei den eben geschilderten Erfahrungen skeptisch.
Die CDU-Fraktion hat seit 2014 mit den Grünen die politische Mehrheit im Rat. Seitdem sind keine Sparbemühungen zu erkennen. Im Gegenteil, die Ausgaben wurden im Haushalt 2015 weiter erhöht. Beispiele sind die Taktverdichtung der Linie 18, die Erstellung eines Verkehrsentwicklungsplans und die Planung eines Radwegekonzepts. Alle diese Ideen sind gut für Hürth, aber auch alle diese Ideen belasten zusätzlich den Haushalt.
Die neue Ratsmehrheit ist uns Ideen schuldig geblieben, wie der Haushalt konsolidiert werden kann. Es kamen nicht viele Ideen, außer der Einführung weiterer Steuern, wie die Vergnügungssteuer und die Wettsteuer im Jahr 2014. Im Jahr 2015 wurde die Verwaltung um Stellungnahme gebeten, ob die Einführung einer Pferdesteuer sinnvoll ist.
Nach der Bürgermeisterwahl erübrigte sich die Suche von CDU und Grünen nach neuen Steuerarten, die es in Hürth noch nicht gibt, denn die Grundsteuer wird erhöht.
Sie sehen, dass sich meine Skepsis aufgrund des politischen Handelns zur Aussage, “Wir haben ein Ausgaben- sondern kein Einnahmenproblem“ immer wieder bestätigt.
Es wäre interessant zu wissen, was der Hürther Bürger wirklich möchte. Natürlich sind ein ausgeglichener Haushalt, sinkende Steuern, gute Sozialleistungen und eine ausgebaute Infrastruktur wünschenswert. Die Hürther sind realistisch genug, um zu verstehen, dass alles zusammen schwer zu finanzieren ist.
Zusammenfassend ist es meine Absicht Ihnen zu verdeutlichen, dass die bisherigen politischen Sparmaßnahmen begrenzt waren und nicht gut vermittelt worden sind. Politisch scheint es einfacher zu sein, die Steuern zu erhöhen, um das Reißen der 5 % Klausel zu verhindern als die Ausgaben zu reduzieren.
Daher ist es sinnvoll zu betrachten, wofür wir das Geld ausgeben. Wir bieten den Hürther Bürgern, im Verhältnis zu anderen Kommunen gut ausgestattete Kindertageseinrichtungen und Schulen. Geschwisterkinder sind größtenteils von Beiträgen befreit. Wir bauen die Schulsozialarbeit weiter aus, um möglichst vielen Kinder und Jugendlichen eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Wir haben eine tolle Musikschule und eine gut funktionierende Stadtbücherei. Wir haben in Hürth ein eigenes kulturelles Leben. Weiter können unsere Sportvereine die städtischen Hallen umsonst benutzen. Hürth besitzt einen eigenen Stadtbus und die Linie 18 fährt dank CDU und Bündnis90/ die Grünen ebenfalls häufiger nach Hürth.
In unserer Stadt lässt sich prima leben, das ist sicherlich auch ein Verdienst aller politischen Akteure.
In Hürth scheint es keine politische Kraft zu geben, die diese Standards reduzieren möchte. Häufig wird geäußert, dass die Personalkosten bei der Stadt verringert werden können. Natürlich soll gleichzeitig die Bürgerfreundlichkeit gesteigert werden. Dieser Wunsch wird ständig wiederholt und mit Hilfe eines Personaldeckels versucht in einen Beschluss zu fassen. Seit 1999 sind die Personalkosten kontinuierlich mit geringfügigen Schwankungen gestiegen. Daher sind meine Hoffnungen hier sehr begrenzt.
Vielmehr lässt sich beobachten, dass die bestehenden Standards erhöht werden. Das Radverkehrsnetz und der ÖPNV sollen weiter ausgebaut werden und auch neue Schulen und Kindergärten müssen für den Zuzug in Hürth geschaffen werden.
Meine Damen und Herren, es sieht aus, dass wir weder unsere Ausgaben noch die Standards für die in Hürth lebenden Menschen reduzieren werden. Das Aufbrauchen der allgemeinen Rücklage unserer Stadt wird seine Grenzen haben, dieses spiegeln aber der jetzige Haushalt und die mittelfristige Finanzplanung nicht wieder. Trotzdem erliegen einzelne Ratsmitglieder dem Irrtum, die Entnahme aus der Rücklage könnte unendlich lange wiederholt werden.
Würden Sie bei Ihren eigenen Finanzen zusehen, wie Ihre Rücklagen bzw. angesparte Vermögenswerte sukzessive für Ihren Lebensunterhalt aufgebraucht werden? Wieso ist unser Verhalten bei den städtischen Finanzen anders als bei den eigenen Finanzen? Die FDP-Piraten Fraktion meint, dass ein Haushalt, indem sich Ausgaben und Einnahmen ausgleichen, der nachhaltigste Haushalt ist.
Damit komme ich zur abschließenden Frage, ob wir tatsächlich immer wieder unsere Steuern, hauptsächlich Grund- und Gewerbesteuer, in so kleinen Schritten erhöhen wollen, dass wir die 5 % Klausel zum Vermeiden eines Haushaltsicherungskonzepts nicht überschreiten. Oder erhöhen wir die Steuern in einem Schritt auf das Maß, der unserem Standard in Hürth entspricht. Wäre dies keine transparentere und auch nachvollziehbarere Politik? Diesen Denkanstoß gaben wir im Finanzausschuss. Ich danke unseren Bürgermeister Dirk Breuer und unseren Kämmerer Dr. Dirk Ahrens-Salzsieder, dass beide Verständnis für unsere Gedanken haben und diese gegebenenfalls im kommenden Jahr aufgreifen wollen.
Meine Damen und Herren, der Hürther Haushalt ist so gestaltet, dass er unsere vorhandenen Standards, von denen ich bereits vorhin ein paar erwähnt habe, ausreichend finanziert. Daher erwähne ich in den folgenden Abschnitten ein paar Punkte, die auf Initiative der FDP-Piraten Fraktion entstanden sind und gerne mit unserer Politik zu verbinden sind.
Der FDP-Piraten Fraktion ist das Thema „Freifunk“ wichtig, welches meine Ratskollegin Alexandra Osburg mit viel Engagement begleitet. Nachdem wir bereits Ende 2014 einen entsprechenden Antrag gestellt haben, gab es im letzten Hauptausschuss einen fast gleichlautenden Antrag der SPD-Fraktion. Natürlich kann jede Fraktion einen Antrag hierzu stellen, wir arbeiten gerne fraktionsübergreifend zusammen. Wichtiger als die Anträge ist uns, dass wir entsprechende Ergebnisse von der Verwaltung präsentiert bekommen.
Weiter ist der FDP-Piraten Fraktion wichtig, dass der Spiel- und Freizeitpark einen Fitness Parcours erhält. Der Spiel- und Freizeitpark ist von der FDP im Jahr 2001 als generationsübergreifender Spielplatz beantragt und so von der Verwaltung konzipiert worden. Eine Begehung des Spielplatzes mit Verwaltung, Gerätehersteller und Politik zeigte, dass der Standort für einen Fitness Parcours an dieser Stelle ideal ist. Insofern freut uns natürlich, wenn die SPD einen Generationenspielplatz mit einem Fitness Parcours fordert. Es gibt zwar seit 14 Jahren einen Generationenspielplatz in Hürth, aber die Fitness-Geräte für Jung und Alt fehlen noch. Aus unserer Sicht sollte der bestehende Bedarf am Spiel- und Freizeitpark gedeckt werden. Und falls ein zweiter Generationenspielplatz in Hürth geschaffen werden soll, dann bedarf es hierzu eines Konzepts. Die eingestellten Finanzmittel von 60000 sind für einen neuen Generationenpark nicht ausreichend, mittelfristig müsste weiter Geld zur Verfügung gestellt werden. Sinnvoll wäre auch die Einrichtung eines eigenen Produktkontos, wie für den Spiel- und Freizeitpark.
Die FDP-Piraten Fraktion sieht in der Stärkung der Hürther Wirtschaft eine weitere wichtige Aufgabe. Wir hoffen, dass die personelle Aufstockung der Wirtschaftsförderung weiteren Schwung in die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe bringt. Sorgen bereitet uns die Sperrung des Bahnübergangs Hürth-Kalscheuren. Ein Streit der Zuständigkeiten ist für Unternehmen und Bürger nicht vermittelbar und ist nicht „kundenorientiert“. Die Vermarktung der Gewerbeflächen ist aus vielerlei und bekannten Gründen dringend erforderlich. Zudem unterstützen wir die Stadt bei dem Ausweisen neuer Gewerbeflächen auf unserem Stadtgebiet. Auch der politische Antrag von CDU „mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ ist ein richtiger Schritt, um unseren Hürther Standort wirtschaftsfreundlich auszubauen. Wir haben die Verwaltungsvorlage im letzten Hauptausschuss hierzu zur Kenntnis genommen und uns ist bekannt, dass nicht jede Maßnahme einfach umzusetzen ist. Aber die Maßnahmen, welche mit geringem Aufwand verwirklicht werden können, sollten kurzfristig von der Verwaltung angegangen werden.
Im Folgenden gehe ich auf die Pressekonferenz der CDU-Fraktion zum Haushalt ein.
Herr Dirk Breuer ist der erste Bürgermeister mit CDU-Parteibuch seit 1999. Am 17. November bringt er seinen ersten Haushalt im Rat ein. Er umschreibt seine Haushaltsrede mit der Überschrift „Den finanziellen Rahmen gestalten, um städtischen Handlungsspielraum zu erhalten.“ Sicherlich war seine Rede mit dem Optimismus gepaart, dass es eine schwarz/grüne Mehrheit im Rat gibt.
Die Antwort der CDU zu dem Haushalt auf einer Pressekonferenz, „Wir sind Pleite.“
Der neue Verwaltungschef ist gerade einen Monat im Amt, er verfügt über eine politische Mehrheit im Rat und die Stadt Hürth ist laut der CDU das erste Mal in ihrer Geschichte „pleite“. Ist der Fraktionsvorstand so wenig von dem finanztechnischen Können des neuen Bürgermeisters überzeugt, dass sein erster Spruch ist, „Wir sind pleite“. Hinzu kommt, dass die CDU-Fraktion seit 2014 in der politischen Verantwortung ist und maßgeblich an der finanziellen Entwicklung der Stadt mitgewirkt hat. Herr Dirk Breuer hat zuvor als Fraktionsvorsitzender der CDU mit der neuen Ratsmehrheit die finanziellen Geschicke unserer Stadt mitbestimmt und beeinflusst diese jetzt als neuer Bürgermeister. Jetzt gibt es bis 2020 eine Mehrheit von CDU und Grünen im Rat und einen neuen Verwaltungschef. Wieso sollen wir jetzt pleite sein?
Die Stadt Hürth ist, wie bereits erwähnt, finanziell in keiner einfachen Situation, aber wir sind in keinem Haushaltssicherungskonzept und daher handlungsfähig. Wir haben unser Schicksal in der eigenen Hand. Noch.
Die Zeit der Opposition ist für die CDU seit knapp 1,5 Jahren vorbei und nicht der ausgeschiedene Bürgermeister sowie die alte Ratsmehrheit sind schuld, sondern die CDU ist gefordert aktiv zu gestalten. Panikmache ist der falsche Weg. Insofern wünsche ich der CDU, dass sie sich ihrer politischen Verantwortung bewusst wird. Weiter sollte die CDU-Fraktion so viel Zuversicht in den neuen Bürgermeister haben, dass wir auch bis 2020 in kein Haushaltsicherungskonzept kommen.
Frau Osburg und ich haben lange abgewogen, ob wir dem Haushalt zustimmen oder nicht. Die jetzt eingeplante Grundsteuererhöhung ist ohne Konzept und Nachhaltigkeitsgedanken und wird von uns abgelehnt. Über steuerzahler-nrw.de können die Grundsteuersätze anderer Kommunen in NRW eingesehen werden. Es gibt zahlreiche Kommunen die Hebesätze für die Grundsteuer um 600 Punkte haben. Die Entwicklung der Grundsteuer in Hürth über die vergangenen Jahre zeigt, dass wir mittelfristig auch dort landen werden. Hier muss gegengesteuert werden und das gebetsmühlenartige wiederholen „wir haben ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem“ klingt gut, ist aber bisher politisch nicht ansatzweise umgesetzt worden. Vielleicht zieht der Bürger auch die gute städtische Infrastruktur in Hürth niedrigeren Steuersätzen vor. Bisher sind die Proteste gegen die Steuererhöhungen wesentlich geringer als beispielsweise gegen die Fällung der Zierkirchen in der Rondorfer Straße oder gegen einen reduzierten Sanierungsumfang des EMG.
Wir werden dem Haushalt zustimmen. Unser Bürgermeister sowie der Kämmerer äußerten Gesprächsbereitschaft zu unserem Denkanstoß. Wir sehen in dieser Gesprächsbereitschaft einen Auftakt sich im Dialog fraktionsübergreifend und ergebnisoffen zu den Hürther Finanzen zusammen zu setzen. Weiter wird die gute Infrastruktur in Hürth durch den jetzt zu beschließenden Haushalt gestärkt. Zudem signalisieren wir mit unserer Zustimmung, dass wir interessiert sind mit der Verwaltung und den übrigen Fraktionen konstruktiv zusammenzuarbeiten.
Der Hürther Weg soll für eine gute fraktionsübergreifende Zusammenarbeit stehen und wird ab und zu von älteren Ratsmitgliedern genannt. Aus meiner Sicht ist der Hürther Weg in der Vergangenheit selten beschritten worden. Die langen Diskussionen in den Ausschüssen und die vielen vertagten Beschlüsse zeugen hiervon. Wir sind den Bürgern schuldig, dass wir den Hürther Weg wieder beleben, falls es in je gegeben hat.
Daher stimmen wir dem ersten Haushalt nach der Bürgermeisterwahl zu und hoffen, dass der Hürther Weg nicht nur Geschichte bleibt, sondern zukünftig wieder beschritten wird.
Meiner Fraktion danke ich für die gute Arbeit in den Ausschüssen und die guten Ratschläge in den Fraktionssitzungen. Alexandra Osburg danke ich für ihren sachlichen und konstruktiven Einsatz.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Hürth, den 02.02.2016